Facebook, Twitter, WhatsApp, LinkedIn und Co. sind für viele Unternehmen immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Social Media werden, wenn überhaupt, häufig nur lieb- und belanglos bespielt. Das sollte sich ändern, denn Reichweite und Reputation können damit sehr gut ausgebaut und gepflegt werden.
Von Prof. Dr. Patrick Peters, Professur für PR, Kommunikation und digitale Medien an der Allensbach Hochschule
Die Häme war gewaltig, als Bundeskanzlerin Angela Merkel 2013 das Internet als „Neuland“ bezeichnete. Sicherlich, eine gewisse Komik steckt dahinter. Aber so ganz unrecht hatte die scheidende deutsche Regierungschefin nicht – und das gilt noch immer! Denn vieles im Internet ist weiterhin Neuland für eine ganze Reihe von Unternehmen und Unternehmern. Das gilt vom selbstständigen Berater über den mittelgroßen Handwerker bis zum international agierenden Mittelständler.
Vor allem die Sozialen Medien sind vielfach noch ein Buch mit sieben Siegeln in der deutschen Unternehmenslandschaft. Während es in den angelsächsischen Ländern längst Standard ist, dass ein CEO seinen eigenen Twitter-Kanal unterhält, haben es hierzulande zahlreiche Unternehmen nicht einmal zu einer einfachen Facebook-Seite gebracht, von einem sinnvoll und integriert verwalteten Social Media-Portfolio einmal ganz zu schweigen. Unternehmen, die alle Kanäle bedienen und Social Media zu einer Säule in ihrer Kommunikation gemacht haben, sind äußerst selten und fallen deshalb umso mehr auf.
Aktives Management, kurze Reaktionszeiten, echte Informationen, flotte Dialoge und tatsächliche Mehrwerte für die Nutzer: Das alles scheinen Fremdbegriffe für die Unternehmen zu sein, selbst die mit ausgewachsenen Kommunikationsabteilungen. Und kleine und mittlere Unternehmen und Selbstständige verweisen immer wieder darauf, keine Ressourcen für Social Media zu haben – und außerdem sei „das alles nichts, unsere Kunden interessiert das sowieso nicht“.
Ein Unternehmen, das sich weiterhin solchen Kanälen und Instrumenten verschließt, verliert in Zukunft an Marktdurchdringung. Es kann nur wesentlich langsamer als die Konkurrenz seine Informationen distribuieren, erreicht bestehende Zielgruppen nur über althergebrachte Tools und erschließt zumindest keine neuen, die sich selbst bereits digitalisiert haben und die sogenannte Plattformökonomie für sich entdeckt haben.
Kurzum lässt sich festhalten, dass Social Media ein integrativer Bestandteil einer jeden Kommunikationsstrategie sein sollte. In Verknüpfung mit der Öffentlichkeitsarbeit erzielt es dauerhafte Erfolge in Wahrnehmung und Reputation. Dafür bedarf es jedoch einer echten Strategie und einem tatsächlichen Commitment zur Sache. Der größte Fehler wäre es, Social Media als Pflichtübung zu verstehen, die man halbherzig ableistet. Dann nämlich „verkommt“ ein Facebook-Profil schnell zu einer langweiligen Sammlung von kurzen, uninspirierten Postings oder Links, die der Fan der Seite vermutlich schon an zehn verschiedenen Stellen zuvor wahrgenommen hat. Was das mit Social Media-Management zu tun hat? Nichts, natürlich, und es zahlt auch in keiner Weise in die Public Relations als eines der „Soft Key Assets“ eines Unternehmens ein.
Social Media muss als vollwertiges PR-Instrument an- und wahrgenommen und dementsprechend behandelt werden. Betreibt ein Unternehmen klassische Medienarbeit, wird es (hoffentlich!) auch keine Pressemitteilung an die Redaktionen schicken, für die es sich schämen muss. Wer Facebook und Twitter, Google+ und Instagram, Pinterest und Xing, LinkedIn und YouTube links liegen lässt, beraubt sich selbst attraktiver Distributionskanäle für seine Unternehmens- und Produktinformationen und riskiert eine Lücke in der Reputation. Denn der gute Ruf entsteht nicht nur durch das Interview in der großen Tageszeitung, sondern auch durch einen transparenten Informationsfluss bei Facebook, relevante Tweets und gute Gruppeneinträge auf Business-Plattformen, die ja auch zu den Social Media gehören.
Und das ist auch der Kern des richtigen Social Media-Managements als Teil der PR: Es kommt auf die Inhalte an. Unternehmen sind, wollen sie Social Media erfolgreich betreiben, auf Inhalte angewiesen, und zwar qualifizierte. Katzenbilder, der Chef beim Fußball oder die poetische Begrüßung des Frühlings mögen ganz nett anzuschauen sein, aber sie besitzen keine Relevanz. Hier lohnt sich wieder der Rückgriff auf das Beispiel der Pressemitteilung: Kein Unternehmen käme auf die Idee, seine Medieninformationen an die Zielredaktionen auf Feiertagsbotschaften und völlig irrelevanten Themen wie den Freizeitvergnügungen des Managements aufzubauen (außer diese haben ökonomische und/oder gesellschaftlich-politische Relevanz). Denn das will niemand in der Zeitung lesen und hat ohnehin keinerlei Chance auf eine Veröffentlichung.
Warum sollte dann ein Social Media-Account banal und irrelevant sein, wenn ein Unternehmen den Anspruch hat, in der Öffentlichkeit grundsätzlich als hochprofessionell wahrgenommen zu werden? Weil es keine Filter wie den zuständigen Zeitungsredakteur gibt? Oder weil Social Media vielleicht doch nicht so ganz ernst genommen wird, wie es als integraler Teil sollte, und dementsprechend bei den Ressourcen gespart wird?
In den Sozialen Medien kommt es auf die richtige Mischung aus Entertainment und Information an. Es spricht nichts dagegen, den Geschäftsführer mit Bild und einem Gruß zum neuen Jahr zu zeigen. Und ebenso spricht nichts dagegen, beispielsweise in Karnevalshochburgen das jecke Treiben einmal markig zu kommentieren. Aber das dürfen nicht die einzigen beiden Einträge im ersten Quartal sein. Die Follower wollen wissen, was im Unternehmen passiert, welche Innovationen, Ideen und Konzepte entwickelt werden, was die Macher antreibt. Und sie wollen gleichzeitig immer auch über die Branche informiert werden.
Ein Beispiel: Betreibt eine Steuerkanzlei Social Media-Profile, sollte sie Corporate- und Markt-News mischen und immer wieder auf wichtige Entwicklungen in der Gesetzgebung, Fristen etc. hinweisen. So positioniert sich eine Kanzlei in den Sozialen Medien als Wissenspool, und die Viralität nimmt Fahrt auf. Wer attraktive Inhalte bereit stellt, erhält Aufmerksamkeit. Likes, Kommentare und geteilte Inhalte sorgen für mehr Bekanntheit. Die Fans eines Social Media-affinen Unternehmens übernehmen auf diese Weise die weitere Kommunikation und tragen zur Reputationssteigerung bei.
Diese Dynamik darf kein Unternehmen unterschätzen. Die Sozialen Medien richten sich in erster Linie natürlich an die Follower als direkte Kontakte. Das dahinter liegende Potenzial der mittelbaren Kontakte ist um ein Vielfaches höher. Ein gutes, durchdachtes Posting kann Massen von Social Media-Nutzern erreichen, darunter wichtige Multiplikatoren wie Journalisten, Blogger etc. Deshalb sollte die Social Media-Kommunikation im Unternehmen auch nicht irgendwo angesiedelt sein, sondern an verantwortlicher Stelle, also entweder bei einem Spezialisten in der Kommunikationsabteilung oder einem wirklich versierten und in der digitalen Kommunikation erfahrenen Berater.
Kurzum: Die Sozialen Medien zu vernachlässigen heißt, die Unternehmenskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit nicht vollständig ernst zu nehmen. Das World Wide Web ist kein „Katzenportal“, sondern die zentrale Kommunikationsplattform der Gegenwart und (zumindest näheren) Zukunft. Und Social Media nimmt einen großen Teil innerhalb dieser Kommunikationsplattform ein. Wer das nicht strategisch durchdenkt, wird irgendwann am Markt nicht mehr mithalten können. Die Kanäle sind, zumindest mit Basisfunktionen, kostenlos für Unternehmen.
Im Rahmen der Vertiefung „PR- und Kommunikationsmanagement“ an der Allensbach Hochschule im Rahmen des Bachelor Betriebswirtschaftslehre online (B.A.) lernen Studierende solche und andere Herausforderungen in der Kommunikation kennen. Sie erwerben dazu die Fähigkeiten, mit Social Media professionell umzugehen.
In Deinem persönlichen Studienführer findest du alle wichtigen Informationen zu deinem Studiengang.