Gewaltfreie Kommunikation und deren Rolle in der internen Kommunikation

Die Gewaltfreie Kommunikation (GFK), entwickelt von Marshall B. Rosenberg, stellt eine Methode der zwischenmenschlichen Kommunikation dar, die auf Empathie und ehrlicher, respektvoller Interaktion basiert. Ziel ist es, Konflikte zu lösen und die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen zu verbessern. Diese Kommunikationsform findet nicht nur in persönlichen Beziehungen, sondern zunehmend auch in organisatorischen Kontexten Anwendung. Durch den Einsatz in der internen Kommunikation kann sie die Zusammenarbeit deutlich verbessern.

Von Prof. Dr. Patrick Peters, Professor für PR, Kommunikation und digitale Medien und Prorektor für Forschung und Lehrmittelentwicklung an der Allensbach Hochschule

Interne Kommunikation ist bekanntlich eine wesentliche Säule der Unternehmenskommunikation. Gerade in einer zunehmend vernetzten, sehr dynamischen Arbeitswelt stehen Unternehmen vor der Herausforderung, durch eine effektive und reibungslose interne Kommunikation Missverständnisse, Konflikte und mangelnde Transparenz zu vermeiden. Diese können schließlich die Produktivität beeinträchtigen und das Betriebsklima belasten.

Hier setzt die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) an, die eine wertschätzende und klare Verständigung fördert. Durch die Integration von GFK in die interne Kommunikation können Organisationen ihre Teamdynamik verbessern, Konflikte nachhaltig lösen und eine kooperative Unternehmenskultur entwickeln. Die Theorie der Gewaltfreien Kommunikation basiert auf vier grundlegenden Komponenten: Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis und Bitte. Der Begründer der GfK Marshall B. Rosenberg (Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens. Paderborn: Junfermann Verlag, 2003) beschreibt diesen Prozess als einen Weg, klar und respektvoll zu kommunizieren, indem man Beobachtungen macht, ohne zu bewerten, Gefühle ausdrückt, die durch diese Beobachtungen entstehen, die dahinterliegenden Bedürfnisse identifiziert und Bitten formuliert, die konkret und erfüllbar sind. Dieser Ansatz geht davon aus, dass alle Menschen die gleichen grundlegenden Bedürfnisse haben und dass Konflikte häufig durch Unterschiede in den Strategien entstehen, diese Bedürfnisse zu erfüllen. Indem man sich auf die Bedürfnisse konzentriert und wertfreie Kommunikation praktiziert, können Missverständnisse und Feindseligkeiten reduziert werden.

Praxis der Gewaltfreien Kommunikation

In der Praxis wird GFK oft durch strukturierte Dialoge und Rollenspiele geübt. Diese Übungen fördern das aktive Zuhören und die Empathie, indem sie die Teilnehmer ermutigen, sich in die Lage des anderen zu versetzen und ihre eigenen Gefühle und Bedürfnisse offen und ehrlich zu kommunizieren. Ein zentrales Element der GFK-Praxis ist die Empathie, die sowohl dem Sprecher als auch dem Zuhörer hilft, sich verstanden und respektiert zu fühlen. Empathische Kommunikation erfordert, dass man den anderen nicht nur hört, sondern auch seine Gefühle und Bedürfnisse anerkennt. Dieser Prozess kann Spannungen abbauen und eine Atmosphäre des Vertrauens und der Zusammenarbeit schaffen. Studien zeigen, dass die Anwendung von GFK in verschiedenen Kontexten, von Schulen bis hin zu Arbeitsplätzen, zu einer signifikanten Verbesserung der zwischenmenschlichen Beziehungen und einer Reduktion von Konflikten führt.

GFK kann die interne Kommunikation auf mehreren Ebenen verbessern

Die Integration der Gewaltfreien Kommunikation in die interne Kommunikation eines Unternehmens oder einer Organisation kann erhebliche positive Auswirkungen haben. Interne Kommunikation ist entscheidend für den Erfolg jeder Organisation, da sie die Grundlage für effektive Teamarbeit, Mitarbeiterzufriedenheit und organisatorischen Zusammenhalt bildet.

GFK kann die interne Kommunikation auf mehreren Ebenen verbessern. Durch die Anwendung der Prinzipien der GFK werden Mitarbeiter ermutigt, ihre Beobachtungen, Gefühle und Bedürfnisse offen zu teilen, ohne Angst vor Verurteilung oder Missverständnissen. Dies schafft ein Umfeld, in dem jeder gehört und respektiert wird. Konflikte sind in jeder Organisation unvermeidlich. GFK bietet Werkzeuge zur friedlichen und konstruktiven Konfliktlösung, indem sie die Beteiligten dazu anregt, sich auf die Bedürfnisse hinter den Konflikten zu konzentrieren, anstatt sich auf Schuldzuweisungen oder Angriffe zu fixieren.

Wenn Mitarbeiter:innen das Gefühl haben, dass ihre Gefühle und Bedürfnisse ernst genommen werden, steigt ihre Zufriedenheit und ihr Engagement. Dies führt zu einer positiveren Arbeitsumgebung und kann die Produktivität und Loyalität der Mitarbeitenden erhöhen. Organisationsveränderungen können stressig und konfliktbeladen sein. GFK kann helfen, den Wandel zu erleichtern, indem sie eine Kommunikationskultur fördert, die auf Verständnis und Zusammenarbeit basiert. Dies kann den Übergang reibungsloser gestalten und die Widerstände gegen Veränderungen minimieren.

Konkretes Beispiel: Auflösung einer internen Kommunikationssituation durch Gewaltfreie Kommunikation

Nehmen wir eine Situation an, in der es innerhalb eines Teams zu Spannungen kommt, weil ein Projektleiter wiederholt die Arbeit seiner Teammitglieder kritisiert, ohne spezifische Rückmeldungen zu geben. Die Teammitglieder fühlen sich entmutigt und missverstanden, was Produktivität und Betriebsklima beeinträchtigt.

Durch die Anwendung der GFK könnte der Projektleiter zunächst beobachten und kommunizieren, was er sieht, ohne zu bewerten: „Ich habe bemerkt, dass die letzten Berichte nicht die erwarteten Ergebnisse enthalten haben.“ Anschließend könnte er seine Gefühle ausdrücken: „Ich bin besorgt, weil ich das Gefühl habe, dass wir unsere Ziele nicht erreichen.“ Dann würde er die dahinterliegenden Bedürfnisse identifizieren: „Mir ist es wichtig, dass wir als Team erfolgreich sind und unsere Deadlines einhalten.“ Schließlich könnte er eine konkrete Bitte formulieren: „Können wir uns zusammensetzen und besprechen, wie wir die Berichte verbessern können?“ Die Teammitglieder hätten ebenfalls die Möglichkeit, ihre Beobachtungen, Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken, was zu einem offenen und respektvollen Dialog führen würde.

Durch die ehrliche und respektvolle Kommunikation wächst das Vertrauen innerhalb des Teams

Gewaltfreie Kommunikation unterscheidet sich damit signifikant von konfliktverschärfender Kommunikation, die durch Vorwürfe, Kritik und Abwertung gekennzeichnet ist. Solche negativen Kommunikationsmuster verstärken Spannungen und führen oft zu einem Teufelskreis von Verteidigung und Gegenangriffen, der Konflikte eskalieren lässt. Im Gegensatz dazu fördert GFK eine Kultur des Respekts und des gegenseitigen Verständnisses. Indem die Kommunikation auf Beobachtungen, Gefühlen, Bedürfnissen und Bitten basiert, wird ein konstruktiver Dialog ermöglicht. Dies reduziert Missverständnisse und fördert die Bereitschaft aller Beteiligten, Lösungen zu finden, die die Bedürfnisse aller berücksichtigen.

Langfristig führt die Anwendung von GFK daher zu mehreren positiven Ergebnissen. Durch die ehrliche und respektvolle Kommunikation wächst das Vertrauen innerhalb des Teams. Mitarbeiter fühlen sich sicher, ihre Gedanken und Gefühle zu äußern, was die Teamdynamik stärkt. GFK fördert das Verständnis und die Kooperation unter den Teammitgliedern. Konflikte werden frühzeitig erkannt und auf eine Weise gelöst, die das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Effektivität des Teams erhöht. Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, gehört und respektiert zu werden, steigt ihre Zufriedenheit und ihr Engagement.

Dies führt zu einer positiven Arbeitsatmosphäre und erhöht die Loyalität gegenüber der Organisation. Anstatt Konflikte nur oberflächlich zu behandeln, ermöglicht GFK eine tiefere Auseinandersetzung mit den zugrunde liegenden Bedürfnissen und Problemen. Dadurch werden nachhaltige Lösungen gefunden, die langfristige Verbesserungen bewirken. Im Gegensatz dazu verschärft konfliktverschärfende Kommunikation die Probleme und schafft ein Umfeld, in dem Misstrauen und Feindseligkeit gedeihen. Dies kann zu einer erhöhten Fluktuation, sinkender Produktivität und einem negativen Betriebsklima führen.

Fazit: Gewaltfreie Kommunikation

Die Gewaltfreie Kommunikation bietet theoretisch und praktisch wertvolle Ansätze, um die interne Kommunikation in Organisationen zu verbessern. Durch die Fokussierung auf Empathie, Verständnis und respektvollen Dialog können die Prinzipien der GFK dazu beitragen, eine offene, kooperative und produktive Kommunikationskultur zu schaffen. Dies führt zu einer besseren Arbeitsatmosphäre und zu einer höheren Zufriedenheit und Effizienz der Mitarbeiter:innen. Das ist gerade in die neuen Arbeitswelt von maßgeblicher Bedeutung in der Personalführung und dem Employer Branding. Angesichts der komplexen und dynamischen Herausforderungen moderner Arbeitsumgebungen stellt GFK ein wesentliches Werkzeug dar, um die interne Kommunikation zu optimieren und nachhaltigen Erfolg zu gewährleisten.

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