Banken sichern sich häufig bei Krediten dadurch ab, dass sie sich von Angehörigen, Ehepartnern, Geschäftsführern oder Gesellschaftern Bürgschaften geben oder sie eine Mithaftungserklärung (meist direkt den Kreditvertrag) unterzeichnen lassen. Dieser ausufernden Praxis haben die Gerichte in den letzten Jahrzehnten strenge Grenzen gesetzt. Die rechtlichen Grundlagen sowie der Haftungsumfang für Bürge und Mithaftendem werden in diesem Kurzbeitrag vorgestellt. Die Details im Kreditsicherungsrecht sind sehr komplex und in Dutzenden BGH-Entscheidungen entwickelt und dokumentiert worden. Darum kann dieser Beitrag nur einen ersten Eindruck vermitteln, ähnlich wie das Thema Kreditsicherungsrecht zum Beispiel den Studierenden in unserem Bachelorstudiengang mit dem Schwerpunkt Banking auch nahegebracht wird.
Prof. Dr. Patrick Rösler, Rechtsanwalt, Professor für Bankrecht an der Allensbach Hochschule
Die Bürgschaft ist in §§ 756 ff. BGB geregelt und die in der Praxis bedeutendste Form der persönlichen Drittsicherheit im Kreditsicherungsrecht. Mit dem Bürgschaftsvertrag (zwischen Bank und Bürge) steht der Bürge für die Hauptforderung (Kreditvertrag zwischen Kunde und Bank) ein. Gläubiger der Bürgschaftsforderung und Gläubiger der Hauptforderung müssen identisch sein (die Bank). Der Bank stehen nach Abschluss von Bürgschaftsvertrag und Kreditvertrag aus diesen zwei Verträgen Ansprüche gegen zwei Personen zu.
Die Abgabe der Bürgschaftserklärung des Bürgen bedarf der Schriftform und muss von ihm eigenhändig unterschrieben werden. Die elektronische Form oder Textform genügt hier nicht (§ 766 BGB). Werden Bürgschaftserklärungen von Kaufleuten als Handelsgeschäft abgegeben, hält sie der Gesetzgeber nicht für schutzwürdig und die Bürgschaft kann formfrei erklärt werden (§ 350 HGB). Aus dem Formzwang folgt, dass die Bürgschaftsurkunde alle wesentlichen Teile der Bürgschaftsverpflichtungenthalten muss. Darum ist eine Blankobürgschaft formnichtig. In der Praxis wichtiger Inhalt neben Bürgschaftsverpflichtung, Gläubiger, Hauptschuldner und Hauptschuld ist auch der Höchstbetrag, für den der Bürge haften soll.
Der BGH hat in den letzten 25 Jahren in zahlreichen Urteilen Kriterien und Leitlinien entwickelt, wann eine Bürgschaft nach dem Kreditsicherungsrecht dem Verdikt der Sittenwidrigkeit unterliegt und damit unwirksam und nichtig ist. Inhalt der Entscheidungen sind meist Bürgschaften von nahen Angehörigen oder Personen, die eine emotionale oder sonstige Bindung zum Hauptschuldner haben und die Bürgschaftsverpflichtung eingegangen sind, obwohl sie diese krass finanziell überfordert. Diese finanzielle Überforderung prüft der BGH danach, ob der Bürge mit seinem Einkommen und Vermögen wenigstens die Zinslast des Darlehens im Rahmen der Laufzeit wie der Hauptschuldner bedienen kann, ohne dass er unter die Pfändungsfreigrenze fällt. Damit soll er vor einer lebenslangen Überschuldung bewahrt werden. Für Geschäftsführer und Gesellschafter eines Unternehmens gilt diese Rechtsprechung bei Darlehen an das Unternehmen allerdings nicht, da sie vom BGH als weniger schutzwürdig angesehen werden.
Auch die Kontrolle der Klauseln nach dem AGB-Recht bedrohen die Wirksamkeit der Bürgschaft. So sind bei der Bürgschaft weite Sicherungszweckvereinbarungen unwirksam. Bei einer weiten Zweckvereinbarung schützt die Bürgschaft alle aktuellen und künftigen Kredite des Kreditnehmers. Diese Klausel überrascht den Bürgen regelmäßig und verstößt damit gegen § 305c BGB. Außerdem ist eine Haftung über den Anlasskredit hinaus eine unangemessene Benachteiligung des Bürgen nach § 307 BGB. Bei Mehrheitsgesellschaftern und Geschäftsführern sind Ausnahmen möglich, wenn sie auf die Hauptschuld Einfluss nehmen können.
Die Bürgschaft ist akzessorisch, hängt also vom Bestand der Hauptschuld (Rückzahlungsanspruch aus dem Kreditvertrag) ab. Ist zum Beispiel der Kreditvertrag unwirksam, entfaltet auch die Bürgschaft keine Rechtswirkungen zu Gunsten der Bank. Die Akzessorietät bezieht sich auf das Entstehen, das Erlöschen, den Inhalt und den Umfang der Bürgschaft. Im Ergebnis kann die Bank aus der Bürgschaft also nur das vom Bürgen fordern, was auch der Kreditnehmer schuldet. Auch mit vertraglichen oder gar formularvertraglichen Regelungen kann dieses Grundprinzip der Bürgschaft nicht ausgehebelt werden. Eine garantiemäßige Vereinbarung, dass der Bürge unabhängig vom Bestehen der Hauptschuld haftet, wäre also nach dem Kreditsicherungsrecht unzulässig und unwirksam.
Der Bürge kann darüber hinaus alle Einreden und Einwendungen geltend machen, die dem Hauptschuldner auch zustehen. So muss er aus der Bürgschaft z.B. nicht mehr leisten, wenn der Rückzahlungsanspruch aus dem Kredit verjährt ist, unabhängig davon, ob die Bürgschaft verjährt ist oder nicht.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Bürgen ist die Fälligkeit der Hauptschuld, also des Kredits in den hier relevanten Fällen. Zahlt der Bürge an die Bank, erlischt seine Bürgschaftsschuld, dafür geht die Forderung der Bank gegen den Kreditnehmer nach § 774 BGB auf den Bürgen über, so dass er gegen diesen einen Regressanspruch hat.
Die Rechtsprechung des BGH zum Schutz des Bürgen, insbesondere zur Sittenwidrigkeit wegen krasser finanzieller Überforderung, schützt auch die bloßen Mithaftenden, die also den Kreditvertrag mitunterzeichnet haben. Diese treten der Schuld des Darlehensnehmers im Wege des Schuldbeitritts bei und haften mit dem Kreditnehmer als Gesamtschuldner.
Rechtlich ist der Schuldbeitritt von der Bürgschaft zu unterscheiden, auch wenn das wirtschaftliche Ergebnis für die Bank praktisch identisch ist: sie hat eine weitere Person, die für das Darlehen haftet. „Richtiger“ Darlehensnehmer ist nur, wer ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Darlehen hat und über die Verwendung der Darlehensvaluta wenigstens mitbestimmen kann. Und nur dieser unterliegt nicht dem Schutz der Rechtsprechung des BGH zur Sittenwidrigkeit von Bürgschaften.
Durch den Bürgschaftsvertrag (§§ 756 ff. BGB) steht der Bürge für die Hauptforderung ein. Die Abgabe der Bürgschaftserklärung des Bürgen bedarf der Schriftform. Die Bürgschaft ist akzessorisch, hängt also am Bestand der Hauptschuld.
Bürgschaften von nahen Angehörigen oder Personen, die eine emotionale oder sonstige Bindung zum Hauptschuldner haben und die Bürgschaftsverpflichtung eingegangen sind, obwohl sie diese krass finanziell überfordert, sind sittenwidrig.
Bürgschaften mit weiter Sicherungszweckvereinbarung sind im Grundsatz unwirksam.
Die Rechtsprechung des BGH zum Schutz des Bürgen schützt auch die bloßen Mithaftenden, die nicht wirklicher Kreditnehmer sind.
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